Was ein Scheißtag: Bullenrandale in der Rigaer und ein vollkommen überzogenes politisch motiviertes Urteil gegen fünf Aktivisten (und ein Angriff auf uns alle) im Elbchaussee-Schauprozess. Und was steht hier im „schönen“ Thüringen an?
Seit Mai diesen Jahres läuft im Erfurter Landgericht der Prozess gegen die zwei Gothaer Cops Maximilian O. und Gurjan J. Die Anklage: Sie sollen im am 28. September 2019 im Dienst zusammen eine Frau vergewaltigt haben. So eine ungeheuerliche patriarchale sexualisierte Gewalttat macht unglaublich wütend. Doch auch das, was sich in sechs Prozesstagen im Gerichtssaal abgespielt hat, zeigt ein weiteres Mal die strukturelle Scheiße, die staatliche Institutionen durchzieht. Eine Prozessbeobachtungsgruppe hat krass gute Arbeit geleistet und alle Prozesstage dokumentiert: https://prozessbeobachtung280919.noblogs.org/
Wir unterstützen den folgenden Aufruf von Menschen, die sich antirassistisch und feministisch zusammengeschlossen haben und eine Kundgebung am kommenden Montag, den 13.07. um 12:30 Uhr vor dem Landgericht Erfurt auf die Beine stellen. Wir fordern mit ihnen: Gerechtigkeit für die Betroffene! Polizeigewalt stoppen! Rassismus und Seismus bekämpfen!
No justice, no peace! Kommt zur Demo und checkt den Blog der Prozessbeobachtungsgruppe.
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Wir haben ein #Polizeiproblem – und das ist nicht neu. Zahlreiche sogenannte „Einzelfälle” zeigen das immer wieder. Aber es sind eben keine Einzelfälle, sondern eine Struktur. Rassismus, Sexismus und Klassismus durchziehen Polizeipraxis und Behördenarbeit. Das zeigte sich jüngst im Gerichtsprozess gegen zwei Thüringer Polizisten. Sie sind angeklagt, am 28. September 2019 im Dienst eine Frau vergewaltigt zu haben.
Am 13. Juli 2020 wird das Urteil in diesem Prozess verkündet. Der Vorwurf Vergewaltigung ist nun vom Tisch, den zwei Polizeibeamten wird mittlerweile nur noch sexueller Missbrauch unter Ausnutzung ihrer Amtsstellung und sexueller Missbrauch einer Gefangenen bzw. behördlich Verwahrten vorgeworfen. Wir müssen uns auf einen unzureichenden Urteilsspruch nach einem unzureichenden Verfahren gefasst machen. Doch einfach so hinnehmen werden wir es nicht! Stattdessen demonstrieren wir und fordern: Patriarchale und sexualisierte Gewalt, Polizeigewalt, strukturellen Rassismus und Behördenversagen benennen, kritisieren und beenden!
Der Prozess macht viele Missstände sichtbar: Die Stimme der Betroffenen bekam kaum Raum. Das hat bittere sexistische Struktur. Sie ist seit Prozessbeginn nicht auffindbar, konnte also nicht persönlich im Gerichtssaal aussagen. Nichtsdestotrotz hätte sich die Staatsanwaltschaft beinahe auf den Deal einer zweijährigen Bewährungsstrafe eingelassen. Die Richter*innen bewog die Abwesenheit der Betroffenen dazu, den Prozess nun zu einem schnellen Ende zu bringen. Zahlreiche Verfahrensfehler, begangen von zuständigen Polizist*innen, kamen vor Gericht zutage. Sexistische Mechanismen, wie Täter-Opfer-Umkehr und Victim Blaming waren selbstverständliche Elemente der Strategie der Verteidigung. Immer wieder wurde auf frauenverachtende, klassistische und rassistische Narrative gebaut, von „interkulturellen Missverständnissen“ gefaselt. Gerüchte gegen die Betroffene wurden aufgebauscht, um ihr jegliche Glaubwürdigkeit abzusprechen.
Im Prozess passierte zu krasses und zu vieles, um alles hier darzulegen. Einige Menschen haben zivilgesellschaftliche Verantwortung übernommen und den gesamten Prozess kritisch beobachtet und dokumentiert: https://prozessbeobachtung280919.noblogs.org/
Rassismus und Sexismus sind strukturell in dieser Gesellschaft und in staatlichen Institutionen gefestigt. Besonders oft sind Migrant*innen, Schwarze Menschen und People of color von polizeilichen Übergriffen betroffen – das reicht von Racial Profiling bis hin zu nicht aufgeklärten Todesfällen in Gewahrsam, wie z.B. im Fall von Oury Jalloh. Jede dritte Frau in Deutschland erfährt sexualisierte Gewalt. Betroffene von rassistisch und von sexistisch motivierten Gewalttaten werden oft nicht ernst genommen, alleingelassen oder gar selbst zu Verdächtigen gemacht. Als Feminist*innen und Antirassist*innen wollen wir diesem System von Diskriminierung und Ungerechtigkeit widersprechen und rufen auf: Kommt um 12:30 Uhr zur Kundgebung am Landgericht!
Zeigen wir den Behörden: Wir beobachten euch!
Zeigen wir Betroffenen sexistischer und rassistischer Gewalt durch Polizei und Justiz: Wir sind solidarisch mit euch!
Wir fordern in Bezug auf den Prozess:
Das darf’s noch nicht gewesen sein! Für eine lückenlose Aufklärung und kompromisslose Aufarbeitung!
Wir fordern immer, überall, auf allen Ebenen:
Staatsgewalt kritisieren statt schützen! Männerbünde zerschlagen! Rape culture beenden! Rassistische Polizeigewalt bekämpfen!
Bei der Kundgebung: Nehmt Rücksicht aufeinander, achtet auf Abstand und tragt bitte einen Mund-Nase-Schutz. Auch sind alle Menschen eingeladen, als Besucher*innen den Prozess im Landgericht (Beginn: 13.30 Uhr) zu verfolgen. Die Plätze im Saal sind jedoch begrenzt.